Die Zukunft auf dem Teller

Humboldt Stiftung entdeckt das Essen

Das Magazin der international renommierten Alexander von Humboldt Stiftung widmet sich dem Essen als einem zentralen Thema der Wissenschaft und Forschung. Für den Leitartikel wurde auch IFG-Direktor Harald Lemke befragt.

Dieses Interesse belegt einmal mehr, dass allmählich die gesellschaftliche Relevanz und damit auch die forschungspolitische Notwendigkeit erkannt wird, die Gastrowissenschaft in den Kanon der etablierten Disziplinen und Forschungsgebiete zu integrieren. Gleichzeitig zeigt die Darstellung des lesenswerten Artikels auch, wo noch programmatischer Entwicklungsbedarf ist: Nämlich darin, den  ernährungswissenschaftlichen Diskurs nicht länger auf den naturwissenschaftlich-medizinischen Fokus (etwa der Diabetes-Forschung, wie im Artikel) zu beschränken, um konsequent die globale ethische Dimension der Ernährungswende in den Blick zu nehmen. (Dazu der entsprechende Ausschnitt des Artikels:)

»Das ist ganz im Sinne des Philosophen Harald Lemke. Der Humboldtianer versteht sich als Vertreter der Gastrosophie, einer Denkschule, die sowohl die Weisheit des Essens als auch die politische Dimension der Ernährung erkundet. ›Wer isst‹, sagt der Direktor des Internationalen Forums Gastrosophie im österreichischen Saalfelden, ›schlägt sich nicht bloß den Bauch voll, er stellt vielerlei Weltbezüge her – zur Tierethik und Gesundheit ebenso wie zu Landeigentum und Klimawandel.‹ Lemke plädiert jedoch nicht für eine Ethik des Verzichts, er wirbt vielmehr für das Kochen und Genießen als verantwortungsbewusste Lebenskunst. Illusionen macht sich der Gastrosoph dabei nicht: Zwar wachse die Zahl der achtsamen Esser, doch auch in Zukunft werde es viele geben, die bequeme Fertiggerichte und billiges Fleisch aus der Massentierhaltung bevorzugen. »Eine nachhaltig wirtschaftende und gerechte Welt, in der alle gleichermaßen von den vorhandenen Ressourcen profitieren, bleibt womöglich ein schöner Traum.«